erstellt  von:  M. Baxmann
 
 
interessante  Seefahrt 
 


 
Der Kurs um Kap Hoorn.
 
Von 50 Grad Süd bis 50 Grad Süd.
 

 
Auf den langen Reisen der Segelschiffe war Kap Hoorn nur eine Etappe,
aber was für eine !

 
Kap Hoorn in nordöstlicher Peilung
              Kap Hoorn   in nordöstlicher Peilung  (bei ruhigem Wetter)

Der Fahrensmann versteht unter der Kap-Hoorn-Region jenes Seegebiet, das sich vom 50. Grad südlicher Breite im Atlantik bis zum 50. Grad südlicher Breite im Pazifik erstreckt. Dazwischen verläuft, wie ein auf der Spitze stehendes Dreieck, der südamerikanische Kontinent, mit Argentinien auf der einen und Chile auf der anderen Seite. Ganz unten, im Grenzgebiet beider Staaten, liegt Kap Hoorn, auf einer Insel.
 

Position  55° 59' Süd,  67° 16' West.

Um von einer Seite zur anderen zu kommen, müssen die Segelschiffe hier einen weiten Bogen von etwa 1200 Seemeilen machen. Was sind an sich schon 1200 Seemeilen, wenn die gesamte Distanz von Europa zur Westküste Südamerikas - sagen wir mal nach Valparaiso - 10 000 Seemeilen beträgt, oder nach San Franzisko im Norden gar rund 15 000. Doch diese 1200 Seemeilen hatten es in sich.

 
Kap Hoorn 
		bei der Umrundung durch die Illbruck
                Kap Hoorn  bei der Umrundung durch die Illbruck (2002)

Die von den Passaten gewiegten und von der Sonne verwöhnten Segelschiffe kamen hier auf den Tummelplatz der Tiefdruckwirbel mit ihren Stürmen und Orkanen. Der Wind weht hier vorwiegend aus westlichen Richtungen. War für die mit Rückenwind nach Osten ablaufenden Segler noch schlimm genung, so war es für die nach Westen gegen den Wind ankreuzenden zuweilen die reine Hölle. Im Zickzack suchten sie Meile um Meile abzuringen, wurden zurückgeworfen, gingen wieder gegenan, bis vielleicht ein neuer Orkan sie abermals fortpustete. Zwei Schritte vor und einer zurück, bisweilen auch einen vor und zwei zurück. So wurden diese 1200 Seemeilen Luftlinie in Wirklichkeit unendlich lang.
 
Der Seegang ist entsetzlich und von unvorstellbarer Höhe. Vom ständigen Westwind gehetzt und getrieben, um die ganze südliche Erdkugel, rollt er über Tausende und aber Tausende von Seemeilen frei und ungehindert heran. In den Breitengraden der brüllenden Vierziger (roaring forties) und der heulenden Fünfziger (howling fifties) steigert er sich zu rollenden Hügeln, zu denen man mit Herzklopfen emporschaut, da sie alles zu begraben drohen. Mit aller Gewalt schiebt sich diese Wassermasse durch die Drake-Straße, das heisst durch diesen stürmischen Seeraum zwischen Kap Hoorn und den der Antarktis vorgelagerten Süd-Shetland-Inseln.
 
In der Hoffnung weiter unten günstige Winde anzutreffen, wichen die Segler oft nach Süden aus (im Norden hatten sie ja die gefährliche Küste), oder sie wurden von den Stürmen dorthin verschlagen und gerieten dabei in das antarktische Treibeis, das mit der Strömung nach Norden wandert. Der Frost kroch ihnen entgegen, danach die Eisschollen und schließlich die Eisberge.
 
In der alten Segelanweisung eines Kapitäns für die Umsegelung von Kap Hoorn nach Westen heißt es unmißverständlich:

"Alles muß darauf gerichtet sein, West zu machen und jedes Raumen und Schralen des Windes nur dafür auszunutzen. Wer mit dem Halsen bis zum Wachwechsel warten will, wenn wieder beide Wachen an Deck sind, wer mit Segelsetzen bis Tagesanbruch warten will, wer ein aus den Lieken geflogenes Marssegel erst dann auswechseln will, wenn der Mond aufgegangen ist, der wird nie eine schnelle Umsegelung zustande bringen."

 


 
Kap-Hoorn-Rundung  in  5 Tagen  und  14 Stunden.
 Der Segelschiffsrekord für alle Zeiten. 

Kapitän Adolf Hauth gelang mit der Viermastbark "Priwall" der Reederei F. Laeisz vom 31. Oktober 1938 bis zum 5. November 14.00 Uhr diese fixeste Wende aller Zeiten von 50 Grad Süd-Breite im Atlantik bis zu 50 Grad im Pazifik. Nie hat ein Schiffsführer vor ihm diese Zeit erreicht, und es wird ihm wohl auch nie wieder einer nachtun.

 
 
Die Daten stammen aus:  Fritz Brustat-Naval  'Die Kap Hoorn Saga'.
 

 
Von einer See überrollt.

Gegen die stürmischen Winde westwärts Fahrt zu machen galt allgemein als die größte Leistung einer Horn-Umsegelung. Aber das Kap hielt für jeden irgendeine böse Überraschung bereit. So schwebten ostgehende Schiffe stets in der Gefahr, von achterlichen Seen überspült zu werden, wenn sie vor dem stürmischen Westwind liefen.
 
Rex Clements, der im ersten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts auf der "Arethusa" fuhr, hat das Überkommen einer solchen See in der Nähe von Kap Horn beschrieben.
"Wir machten nur geringe Fahrt", berichtete er, "wenn auch nicht deshalb, weil wir den Wind von vorne einbekommen hätten. Die heftigen Stürme standen vielmehr die ganze Zeit beständig vier Strich achteraus. Das Hauptdeck war ein einziger brodelnder Strudel, denn es jagte eine Sturzsee nach der anderen darüber hin, so daß es lebensgefährlich war, sich auch nur ein paar Schritte hinauszuwagen."

Seegang von unvorstellbarer Höhe
Seegang  von unvorstellbarer Höhe   

Die Mannschaft, durchnäßt und ausgepumpt von der Anstrengung, das Schiff unter Kontrolle zu halten, hatte sich auf dem Poopdeck versammelt, und jeder fragte sich beklommen, ob die Arethusa dem Toben der Elemente wohl standhalten werde. Wie die Männer so beisammen standen, baute sich achteraus plötzlich ein enormer Brecher auf, größer als alle bisherigen. Bis jetzt hatte die Bark die größeren Seen immer noch abgeritten, indem sie im letzten Moment ihr Heck anhob, so daß die Woge nicht überkam, sondern unter ihr durchlief.
 
Doch diesmal türmt sich der Brecher, schaumgekrönt und steil aufragend wie eine Wand im Näherkommen immer höher auf, bis er dicht hinter der Heckreling stand.
"Alle Mann festhalten!" schrie der Kapitän, und jeder umklammerte einen Teil der Takelage oder der Decksausrüstung, der stabil genug erschien, ihn zu halten. Mit donnerndem Krachen stürzte die ungeheure schwarze Wasserwand auf sie herab. Das Wasser reichte den Männern bis zum Hals, doch irgendwie gelang es allen, sich festzuhalten - wenn auch Clements sich erinnerte, daß er dabei das Gefühl hatte, die Arme würden ihm ausgerissen. Der Brecher lief weiter von achtern über das Deck und begrub das übrige Schiff unter sich. Nur das Deckshaus der Back schaute noch heraus, eine Insel im Ozean. Alle übrigen Teile der Arethusa waren unter Wasser.
"Mein Gott", schrie der Bootsmann, "sie ist weg!"
 
Aber da kannte er die Arethusa schlecht. "Ein paar Sekunden waren wir wie betäubt", erinnerte sich Clements. "Noch so ein weißlippiges Monster rollte von achtern auf, aber ehe es uns erreicht hatte, schien es, als sammelte die alte Bark alle Kräfte für eine gewaltige Anstrengung. Sie zitterte und tauchte mühsam empor, schüttelte das Wasser von ihrem Hauptdeck ab und hob ihren überfluteten Bug. Als der Brecher sich auf uns stürzte, hob sich ihr Heck, und die Wassermassen rauschten vorbei und nahmen die Bark, aus deren Speigatts sich wahre Katarakte ergossen, auf die Schultern." Die Arethusa hatte überlebt.

 
abfließenden Sturzsee auf der Parma Im weißen Gischt
einer abfließenden
Sturzsee arbeiten Besatzungsmitglieder der Viermastbark "Parma" bei Kap Horn auf einer Überfahrt von Australien im Jahre 1932 an einer Winde an der Backbordseite.
 
 
Auf der Rückreise mußte die "Parma" erneut gegen schweren Seegang ankämpfen. Das Bild zeigt das von Brechern überspülte Deck, auf dem sich
ein einziger Matrose
an einer Handleiste
festhält.
 Photograph war der Seemann und Chronist 'Alan Villiers'.
von Brechern überspültes Deck
 

 
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