Fahrtensegeln:     Der Skipper haftet trotzdem.
 

 
Leinenzwang  ignoriert,  über Bord gegangen,  verletzt -
 Anzeige gegen den Schiffsführer.
 

Besuch an Bord, das Eignerpaar hatte die befreundeten Nachbarn mitsamt deren 5- und 7-jährigen Söhnen zum Törn eingeladen. Die Jungs fanden es auf dem Vorschiff an Deck besonders spannend, wenn der Bug ins Wellental tauchte und wieder hochschoß.
 
Als die See steiler wurde, gab der Skipper klare Order: "Beide Kinder sofort ins Cockpit, Rettungswesten anlegen und anleinen". Es folgte eine unerfreuliche Diskussion zwischen Skipper und Eltern. Der Schiffsführer erklärte nochmals die Gefahr und wiederholte seine Anordnungen. Die Eltern sahen die Gefahren nicht recht ein und bestanden darauf, dass sich die Kinder "wie immer frei bewegen können".
 
Als sich zwei Schiffslängen voraus eine besonders hohe Welle aufgebaut hatte, schrie der Schiffsführer noch nach vorne "Festhalten!", legte gleichzeitig Ruder und fierte das Groß auf. Die Yacht verlor an Höhe und Krängung. Trotzdem spülte die See heftig übers Vorschiff und riß eines der Kinder über Bord.
 
Die Besatzung eines Motorbootes, das knapp hinter der Segelyacht lief, hatte das Unglück beobachtet und konnte den Knaben weniger als fünf Minuten später aus dem relativ warmen Wasser ziehen. Der Junge hatte am ganzen Körper blaue Flecken, stand unter Schock und weinte.
 
Der Ärger für den Skipper kam wenige Wochen später in Form einer Anklage der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die Eltern der beiden Jungs hatten gegen den Skipper Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung erstattet.
 
Dazu Dr. Heyko Wychodil, Rechtsanwalt aus Hamburg: Die Strafanzeige der Eltern mag für den Skipper erstaunlich sein, weil gerade sie sich gegen die Anweisungen ausgesprochen hatten. Jedoch sind die Anweisungen des Skippers letztlich nichts wert, wenn sie nicht auch durchgesetzt werden.
 
Die Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung ist völlig berechtigt. Der Skipper kann es als Glücksfall bezeichnen, dass der Junge gerettet werden konnte und die Sache nicht als fahrlässige Tötung behandelt werden muß.
 
Auch wenn gerade die Eltern der Anordnung des Skippers, die der Sicherheit der Kinder gedient hat, widersprochen haben, ist der Skipper vor einer strafrechtlichen Verfolgung nicht geschützt.
Es ist die Aufgabe des Skippers, die notwendigen Entscheidungen, die zur Sicherheit an Bord geboten sind, nicht nur zu treffen, sondern auch durchzusetzen.
Insoweit hat der Skipper an Bord das alleinige Sagen, unabhängig von möglichen Erziehungsrechten der Eltern. Der Skipper hätte folglich entgegen der Vorstellungen der Eltern einen Aufenthalt der Kinder im Cockpit beziehungsweise das Anlegen der Rettungswesten durchsetzen müssen, um sich ordnungsgemäß zu verhalten.
 
Sofern sich ein Schiffsführer nicht in der Lage glaubt, sich gegen einen Mitsegler durchsetzen zu können, sollte er lieber auf eine solche Funktion verzichten, als durch falsche oder nicht durchzusetzende Anweisungen andere in Gefahr zu bringen.          

 

 
Aus  Skippers-Magazin
 

 
schließen MBx vorne